Unternehmenswert berechnen: Schritt für Schritt erklärt

Unternehmenswert berechnen: Die besten Methoden & Tipps die Dir bei der Firmenwertermittlung helfen findest Du hier. Jetzt reinklicken & informieren!

Unternehmenswert berechnen: Schritt für Schritt erklärt
Julian Rauch
29.11.2023
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Julian Rauch

Du planst, Deine Firma zu verkaufen oder möchtest einfach nur wissen, was sie wert ist? Stell Dir vor, Du könntest den Wert Deines Unternehmens mit einer einfachen Formel berechnen. Klingt zu gut, um wahr zu sein? Vielleicht. Doch tatsächlich gibt es verschiedene Ansätze und Faustformeln, um den Wert eines Unternehmens zu ermitteln.

Wir zeigen Dir in diesem Ratgeber, wie Du den Verkehrswert einer GmbH ermitteln, den Wert einer Firma berechnen und sogar den Kundenstamm Wert in Deine Kalkulation mit einbeziehen kannst. Entdecke, wie Du diese Unternehmenswert-Berechnungen effektiv nutzen kannst, um eine realistische Bewertung Deiner Firma zu erhalten. Schließlich ist der Wert eines Unternehmens weit mehr als nur eine Zahl – er spiegelt Deine harte Arbeit, Deine Vision und auch Deine Erfolge als Unternehmer wider.

Die Faustformel für die Firmenwertermittlung

Um den Wert Deines Unternehmens schnell und unkompliziert zu schätzen, ist das EBIT-Verfahren, auch als Multiples-Verfahren bekannt, eine beliebte Wahl. EBIT steht für "Earnings before Interest and Taxes", also den Gewinn vor Zinsen und Steuern. Diesen Wert multiplizierst Du mit einem branchenspezifischen Faktor. Dieser Multiplikator, der je nach Branche variiert, hilft Dir, einen angepassten Wert Deines Unternehmens zu bestimmen. 

Hier ein Beispiel: Wenn der EBIT Deines Software-Unternehmens 100.000 Euro beträgt und der durchschnittliche Faktor in der Softwarebranche bei 5,65 liegt, ergibt sich daraus ein Unternehmenswert von 565.000 Euro. Diese Methode bietet eine schnelle und einfache Möglichkeit, einen ersten Anhaltspunkt für den Wert Deines Unternehmens zu erhalten.

In welchen Fällen muss man den Unternehmenswert berechnen?

  1. Verkauf des Unternehmens: Wenn Du planst, Deine Firma zu verkaufen, ist es entscheidend, ihren Wert zu kennen. Dies hilft Dir, einen fairen Preis zu verhandeln und sicherzustellen, dass Du den wahren Wert Deines Unternehmens erhältst.
     
  2. Investorensuche: Beim Anwerben von Investoren ist eine genaue Unternehmensbewertung unerlässlich. Investoren möchten den Wert Deines Unternehmens verstehen, um ihre potenzielle Rendite abschätzen zu können.
     
  3. Fusionen und Übernahmen: Bei Fusionen oder Übernahmen ist die Bewertung beider Unternehmen wichtig, um die Bedingungen des Deals festzulegen.
     
  4. Erbschafts- und Schenkungssteuer: Für steuerliche Zwecke, wie bei der Übergabe eines Unternehmens durch Erbschaft oder Schenkung, ist die Ermittlung des Unternehmenswerts erforderlich.
     
  5. Interne Bewertung: Selbst wenn kein unmittelbarer Verkauf oder keine Investorensuche ansteht, kann die Bewertung des Unternehmens für interne Zwecke wie strategische Planung und Performance-Tracking nützlich sein.

Firmenwert berechnen: Weitere Verfahren

Neben der Faustformel gibt es eine Reihe weiterer Verfahren, um den Firmenwert zu berechnen. Diese Methoden bieten eine detailliertere und oft genauere Bewertung, abhängig von den spezifischen Merkmalen und Umständen Deines Unternehmens.

Das verfeinerte EBIT-Verfahren

Das verfeinerte EBIT-Verfahren geht über die einfache Multiplikation des EBITs hinaus. Es berücksichtigt zusätzliche Faktoren wie 

  • Nettofinanzschulden, 
  • Marktanteil, 
  • Internationalisierungsgrad 
  • und Investitionsbedarf. 

Diese Faktoren tragen dazu bei, ein genaueres Bild des Unternehmenswerts zu zeichnen.

Konkretes Rechenbeispiel verfeinertes EBIT-Verfahren:

Angenommen, ein Software-Unternehmen hat ein EBIT von 200.000 Euro. Zusätzliche Faktoren wie Nettofinanzschulden von 50.000 Euro, einen Marktanteil von 10 % in einem wachsenden Markt und einen moderaten Investitionsbedarf werden berücksichtigt. Unter Einbeziehung dieser Faktoren könnte der Unternehmenswert auf etwa 250.000 Euro geschätzt werden.

Substanzwertverfahren

Das Substanzwertverfahren betrachtet ein Unternehmen als Summe seiner Teile. Hierbei werden alle Vermögenswerte des Unternehmens zum aktuellen Verkehrswert addiert und die Verbindlichkeiten abgezogen. Dieses Verfahren eignet sich besonders für Unternehmen mit bedeutenden materiellen Vermögenswerten.

Konkretes Rechenbeispiel Substanzwertverfahren:

Eine Agentur besitzt Vermögenswerte (Büroausstattung, Technologie, etc.) im Wert von 100.000 Euro und hat Verbindlichkeiten von 20.000 Euro. Der Substanzwert des Unternehmens wäre somit 80.000 Euro (100.000 Euro - 20.000 Euro).

Vereinfachtes Ertragswertverfahren

Das vereinfachte Ertragswertverfahren wird oft für steuerliche Zwecke verwendet. Es basiert auf dem durchschnittlichen Ertrag der letzten drei Jahre, multipliziert mit einem festgelegten Faktor. Dieses Verfahren bietet eine schnelle und einfache Möglichkeit, den Ertragswert eines Unternehmens zu schätzen.

Konkretes Rechenbeispiel Vereinfachtes Ertragswertverfahren:

Ein Food-Unternehmen hat in den letzten drei Jahren durchschnittliche Erträge von 120.000 Euro erzielt. Multipliziert mit einem Faktor von 3 ergibt dies einen Ertragswert von 360.000 Euro.

Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren ist eine detailliertere Version des vereinfachten Verfahrens. Es berücksichtigt nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die zukünftigen Ertragsaussichten und bezieht einen Kapitalisierungszinssatz mit ein, der das Unternehmerrisiko widerspiegelt.

Konkretes Rechenbeispiel Ertragswertverfahren:

Ein E-Commerce-Unternehmen prognostiziert zukünftige jährliche Erträge von 500.000 Euro. Unter Berücksichtigung eines Kapitalisierungszinssatzes von 5 % würde der Ertragswert bei 10 Millionen Euro liegen (500.000 Euro / 0,05).

Praktikermethode

Die Praktikermethode ist eine Mischung aus Substanzwert- und Ertragswertverfahren. Zuerst werden der Substanzwert und der Ertragswert ermittelt. Anschließend wird ein gewichteter Durchschnitt berechnet, wobei der Ertragswert in der Regel doppelt und der Substanzwert einfach gewichtet wird. 

Diese Methode ist besonders für Unternehmen geeignet, bei denen sowohl materielle als auch immaterielle Werte eine Rolle spielen.

Konkretes Rechenbeispiel Praktikermethode:

Für ein Unternehmen mit einem Substanzwert von 300.000 Euro und einem Ertragswert von 600.000 Euro würde der gewichtete Durchschnittswert unter doppelter Gewichtung des Ertragswerts und einfacher Gewichtung des Substanzwerts 500.000 Euro betragen ((600.000 Euro x 2) + 300.000 Euro) / 3.

AWH-Verfahren

Das AWH-Verfahren, entwickelt vom Arbeitskreis der wertermittelnden Berater im Handwerk, ist speziell für Handwerksbetriebe konzipiert. Es berücksichtigt Faktoren wie

  • Anlagevermögen, 
  • Abhängigkeit vom Firmenchef, 
  • Mitarbeiter- und Kundenstruktur 
  • sowie Lieferantenbeziehungen. 

Dieses Verfahren wird oft von Handwerkskammern und Fachverbänden angewendet.

Konkretes Rechenbeispiel AWH-Verfahren:

Ein Handwerksbetrieb mit einem Anlagevermögen von 200.000 Euro, einer starken Abhängigkeit vom Firmenchef, einer soliden Mitarbeiter- und Kundenstruktur sowie guten Lieferantenbeziehungen könnte einen geschätzten Wert von 250.000 Euro haben, basierend auf den spezifischen Bewertungskriterien des AWH-Verfahrens.

Wann nutzt man welches Verfahren?

Die Auswahl des passenden Bewertungsverfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Branche, die Art des Geschäfts, die Vermögensstruktur und die Wachstumsperspektiven des Unternehmens. Hier sind einige branchenspezifische Empfehlungen:

✔ Für Dienstleister/Agenturen:

Das Substanzwertverfahren eignet sich gut für Agenturen, da es den Wert der materiellen und immateriellen Vermögenswerte des Unternehmens berücksichtigt. Agenturen haben oft wertvolle immaterielle Vermögenswerte wie Kundenbeziehungen und Markenwert.

✔ Für Software-Firmen:

Das verfeinerte EBIT-Verfahren ist ideal für Software-Firmen, da es neben dem EBIT auch andere wichtige Faktoren wie Marktanteil und Investitionsbedarf berücksichtigt, die in der schnelllebigen Technologiebranche relevant sind.

✔ Für Unternehmen im Food-Bereich:

Das vereinfachte Ertragswertverfahren ist für Food-Unternehmen geeignet, da es eine schnelle und einfache Bewertung auf Basis der durchschnittlichen Erträge ermöglicht, was für Unternehmen in diesem Sektor mit oft schwankenden Einnahmen wichtig ist.

✔ Für Unternehmen im E-Commerce:

Das Ertragswertverfahren ist für E-Commerce-Unternehmen passend, da es die zukünftigen Ertragsaussichten und das Wachstumspotenzial berücksichtigt, was in diesem schnell wachsenden und sich entwickelnden Sektor entscheidend ist.

✔ Für Produktionsunternehmen:

Das Substanzwertverfahren eignet sich besonders gut für Produktionsunternehmen, da sie in der Regel über umfangreiche materielle Vermögenswerte wie Maschinen, Anlagen und Lagerbestände verfügen. Dieses Verfahren hilft, den realen Wert dieser physischen Vermögenswerte zu erfassen.

✔ Für IT-Dienstleister:

Für IT-Dienstleister ist das verfeinerte EBIT-Verfahren oft am besten geeignet. Es berücksichtigt nicht nur den finanziellen Gewinn, sondern auch Faktoren wie technologische Innovationen, Marktanteil und Investitionsbedarf, die in der IT-Branche von großer Bedeutung sind.

✔ Für Einzelhandelsunternehmen:

Das Ertragswertverfahren ist für Einzelhandelsunternehmen empfehlenswert, da es die zukünftigen Ertragsaussichten berücksichtigt. Dies ist besonders wichtig im Einzelhandel, wo Trends und Verbraucherverhalten sich schnell ändern können und somit die zukünftigen Einnahmen beeinflussen.

✔ Für Start-ups:

Für Start-ups, insbesondere in der Technologiebranche, kann das Multiples-Verfahren (eine Variante des EBIT-Verfahrens) sinnvoll sein. Hierbei wird der Wert des Unternehmens anhand von Branchen-Multiples geschätzt, was hilfreich ist, da viele Start-ups noch keine stabilen oder profitablen Einnahmen haben.

✔ Für Dienstleistungsunternehmen im Gesundheitswesen:

Das vereinfachte Ertragswertverfahren könnte für Dienstleistungsunternehmen im Gesundheitssektor passend sein, da es eine schnelle Schätzung des Unternehmenswerts auf Basis der durchschnittlichen Erträge ermöglicht, was in einem sich schnell verändernden Gesundheitsmarkt nützlich sein kann.

✔ Für Handwerksbetriebe:

Das AWH-Verfahren ist speziell für Handwerksbetriebe entwickelt worden und berücksichtigt die einzigartigen Aspekte dieser Branche, wie Anlagevermögen, Abhängigkeit von Schlüsselpersonen und die Struktur von Kunden- und Lieferantenbeziehungen.

Weitere Faktoren, die in den Firmenwert einfließen

Neben den klassischen Bewertungsmethoden gibt es weitere Faktoren, die einen signifikanten Einfluss auf den Firmenwert haben können.

  • Marktpositionierung: Die Positionierung Deines Unternehmens im Markt spielt eine große Rolle. Ein starker Markenname, ein guter Ruf und eine führende Marktposition können den Wert Deines Unternehmens erheblich steigern.
     
  • Kundenbasis: Eine treue und wachsende Kundenbasis ist ein wertvolles Gut. Unternehmen, die viele Kunden haben und nicht nur von wenigen Großkunden abhängig sind, gelten oft als wertvoller und sind weniger anfällig für Schwankungen.
     
  • Technologische Innovation: Unternehmen, die in technologische Innovationen investieren und fortschrittliche Technologien nutzen, können einen höheren Firmenwert aufweisen. Dies spiegelt das Potenzial für zukünftiges Wachstum und Wettbewerbsvorteile wider.
     
  • Mitarbeiterkompetenz und -bindung: Qualifizierte und engagierte Mitarbeiter sind ein Schlüsselfaktor für den Erfolg eines Unternehmens. Unternehmen mit einem starken Team und niedriger Fluktuation können einen höheren Wert haben.
     
  • Zukunftsaussichten und Wachstumspotenzial: Die Zukunftsaussichten und das Wachstumspotenzial eines Unternehmens sind entscheidend. Unternehmen mit starken Wachstumsprognosen, innovativen Produkten oder Dienstleistungen in Entwicklung und einer soliden Strategie für die Zukunft werden oft höher bewertet.

Diese Faktoren zeigen, dass der Wert eines Unternehmens nicht nur in Zahlen ausgedrückt werden kann. Vielmehr basiert der Firmenwert auf einer Kombination aus finanziellen, strategischen und operativen Elementen.

Fazit

Die Berechnung des Unternehmenswerts ist eine Kunst, die so vielfältig ist wie das Geschäftsleben selbst. Von der Faustformel bis zu komplexen Bewertungsverfahren – jeder Ansatz bietet seine eigenen Einblicke. Denke daran, dass jede Zahl, die Du ermittelst, nur ein Teil des Gesamtbildes ist.

Diesen Ratgeber solltest Du als Startpunkt sehen, um die finanzielle Bewertung Deines Unternehmens angehen zu können. Um den wahren Wert zu verstehen, gilt es jedoch immer, neben den finanziellen Aspekten auch die anderen “wertbringenden” Faktoren mit einzubeziehen. Der wahre Wert Deines Unternehmens besteht auch aus seiner Vision, seinen Zukunftschancen und vor allem auch aus seinem Team und seinen Kunden.

FAQ

Was zählt zum Unternehmenswert?

Zum Unternehmenswert zählen nicht nur finanzielle Aspekte wie Umsatz, Gewinn und Vermögenswerte, sondern auch immaterielle Faktoren wie Markenstärke, Kundenbeziehungen, Mitarbeiterkompetenz und Zukunftsaussichten. Diese Kombination aus materiellen und immateriellen Werten bildet den Gesamtwert eines Unternehmens.

Ist die Bilanzsumme der Wert des Unternehmens?

Die Bilanzsumme ist nicht gleichzusetzen mit dem Wert des Unternehmens. Sie gibt zwar einen Überblick über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt, berücksichtigt aber nicht die immateriellen Werte oder das zukünftige Ertragspotenzial des Unternehmens. Für eine umfassende Bewertung sind daher weitere Faktoren und Methoden erforderlich.

Wie beeinflusst die Digitalisierung den Unternehmenswert?

Die Digitalisierung kann den Unternehmenswert erheblich steigern. Unternehmen, die in digitale Technologien investieren, verbessern oft ihre Effizienz, erweitern ihren Kundenkreis und erhöhen ihre Wettbewerbsfähigkeit. Dies führt zu einer Wertsteigerung, da das Unternehmen besser für zukünftige Herausforderungen gerüstet ist.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei der Unternehmensbewertung?

Nachhaltigkeit wird zunehmend zu einem wichtigen Faktor bei der Unternehmensbewertung. Unternehmen, die nachhaltige Praktiken umsetzen, können Risiken reduzieren, ihre Markenstärke verbessern und neue Kundensegmente ansprechen. Dies kann zu einer höheren Bewertung führen, da Nachhaltigkeit immer mehr von Investoren und Kunden geschätzt wird.

Wie wirkt sich die Unternehmenskultur auf den Firmenwert aus?

Eine starke Unternehmenskultur kann den Wert eines Unternehmens positiv beeinflussen. Sie fördert Mitarbeiterengagement, Innovation und Kundenzufriedenheit. Unternehmen mit einer positiven Kultur ziehen oft talentierte Mitarbeiter an und halten sie, was zu einer besseren Leistung und damit zu einem höheren Unternehmenswert führt.

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